Produktentwicklungsprozesse mit Einsparpotenzial
Das Ziel der PCV Gruppe ist deutlich formuliert: Die Buchstaben P, C und V im Firmennamen stehen für „People Creating Value”, also für Menschen, die Werte schaffen. Über 40 Ingenieure, Naturwissenschaftler, Techniker sowie Administratoren entwickeln, bei Bedarf verstärkt durch weitere Experten verschiedener Disziplinen, neue Produkte oder optimieren sie – auch im Hinblick auf die mit ihnen verbundenen Produktionskosten. Die „Tüftler“ mit dem Hauptsitz im niederländischen Enschede verfügen über wertvolles Know-how, das bisher vor allem international aktive Unternehmen aus den Branchen Haushaltstechnik, Medizintechnik und der Industrie für sich nutzen. Leo Giesen, studierter Maschinenbauingenieur, Design for Six Sigma (DFSS) Black Belt und Consultant bei der PCV Gruppe, gewährt im Interview einige Einblicke.
Herr Giesen, was ist Ihre Aufgabe bei der PCV Gruppe?
Ich habe eine sehr flexible Rolle innerhalb unserer Organisation. Meine wichtigste Aufgabe besteht in der Beratung von Unternehmen, im „Anschieben“ neuer Projekte. In der eigentlichen Ausführungsphase übernehmen dann immer stärker andere Kollegen. Zudem bin ich Mitglied unseres Qualitätsteams.
Kostensenkungen sind nicht immer das vorrangige Ziel, wenn die PCV Gruppe eingeschaltet wird. Trotzdem sind sie häufig das Resultat der Arbeit von Ihnen und Ihren Kollegen. Wie kommt dieser Effekt zustande?
Man muss eigentlich jederzeit auf die Produktionskosten schauen. Das ist fester Bestandteil des Entwicklungsprozesses. Wir fragen uns kontinuierlich, wie wir einen möglichst hohen Mehrwert zu einem möglichst geringen Preis erzielen können. „Hightech trifft Low-Cost“ ist der Anspruch. So lassen sich Mehrwerte schaffen, die auch spürbar sind.
Können mit externer Unterstützung mehr Kosten eingespart werden als ohne?
Nach meiner Erfahrung ist dies tatsächlich der Fall. Natürlich kann ich am besten über die PCV Gruppe sprechen. Wir können ein Produkt meist ganzheitlicher betrachten als der Hersteller selbst − vom Frontend bis zur Marktreife. Zudem haben wir mehr Abstand zum Produkt, was durchaus förderlich sein kann. Unsere Arbeit ist sowohl hinsichtlich der Branchen als auch der Anwendungen breitgefächert. Auf dieser Grundlage nutzen wir sehr effizient Cross-Innovations-Effekte, d.h. in anderen Projekten gewonnene Kenntnisse werden auf vergleichbare Herausforderungen in anderen Kontexten übertragen. Physikalische Gesetzmäßigkeiten sind universell. Hinzu kommt, dass wir sehr pragmatisch vorgehen. Das fängt damit an, dass wir dazu in der Lage sind, integrale Teams zusammenstellen, deren Mitglieder genau die im jeweiligen Projekt gefragten Kompetenzen beisteuern können.
Zusammengefasst bringen wir ergänzende Kompetenzen und eine besondere Arbeitsweise mit, die einen Wert für unsere Auftraggeber, häufig Großunternehmen, darstellt. Sie ist durch strukturierte Kreativität gekennzeichnet. Unser Input ergänzt sich wunderbar mit dem, was an Kompetenz und Wissen auf Kundenseite vorhanden ist. Entsprechend sind in der Regel auch die Resultate besser, speziell wenn es um Kostensenkungen geht.
Was verbirgt sich genau hinter „strukturierter Kreativität“?
Wir passen unser Vorgehen an die jeweilige Herausforderung an und verfolgen trotzdem einen klaren Plan. Strukturierte Kreativität beinhaltet vor allem, weniger offensichtliche Wege schnell und zielgerichtet zu erkunden. Und zwar mit kombinierten Einsichten aus verschiedenen Perspektiven und anderen Entwicklungsprojekten. Das führt zu überraschenden Ergebnissen. Als Produktentwickler setzen wir dabei üblicherweise Top-Down an. Wenn das Projekt es erfordert, kann jedoch auch ein Bottom-Up-Ansatz zielführend sein.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Höhe der Investitionen während des Produktentwicklungsprozesses und niedrigen Produktionskosten?
Ja, ganz klar. Es gibt eine einfache Regel: Wenn Du mehr sparen möchtest, musst Du zunächst mehr investieren. Je sorgfältiger die Vorgehensweise am Anfang des Entwicklungsprozesses, desto weniger Anpassungen sind in späteren Phasen erforderlich. Jede nachträgliche Änderung am Produkt kostet nun einmal Geld.
Ist die Reduzierung von Produktionskosten zwingend mit Einbußen bei der Produktqualität verbunden?
Nein, da besteht kein eindeutiger Zusammenhang. Ein günstig gefertigtes Produkt kann sogar besser sein als eines, das unter vergleichbaren Bedingungen teurer hergestellt wurde.
Können Sie Beispiele für erfolgreich realisierte Kosteneinsparungen nennen?
Wir haben uns für einen Kunden ein Verbindungsstück für Gas- und Wassertransportleitungen vorgenommen. Es ging darum, ein am Markt etabliertes Produkt weiter zu verbessern und gleichzeitig Kosten zu sparen. Um das Finden der optimalen Balance zwischen Funktion − Verbindung und Abdichtung − und dem Preis. Das ist uns unter anderem gelungen, indem wir die Anzahl der Bauteile reduziert, ein neues Element für alle Rohrmaterialien entwickelt sowie den Plastik- und Gummieinsatz minimiert haben. Die Kostenreduktion erreichte bis zu 35 Prozent. Der Return-on-Investment war nach weniger als einem Jahr erreicht. Das Marktvolumen nahm dank besserer Qualität und erhöhter Leistungsfähigkeit des Produktes um 10 Prozent zu.
Ein anderes Beispiel: Ein Sprühkopf, wie man ihn im Supermarkt an Haushaltsreiniger-Flaschen findet – ein Standardprodukt, das massenweise gefertigt wird. Vermeintlich ausgereizt. Auch hier gelang es uns, Teile zu reduzieren, den Pumpmechanismus vollständig aus Kunststoff zu fertigen und den Plastikverbrauch insgesamt zu senken. Dabei zählt jedes Gramm. Aufgrund des hohen Produktionsvolumens ist die Ersparnis enorm. Zudem werden im Sinne der Nachhaltigkeit Ressourcen geschont. Die Verbesserungen und Kosteneinsparungen hat dem Kunden die Marktführerschaft ermöglicht.
In welchen Branchen ist der Kostendruck besonders hoch?
Generell gilt, dass es vor allem bei neuen Produkten darum geht, schnell auf den Markt zu kommen. Der Kostendruck ist bei ihnen noch nicht so stark ausgeprägt. Je länger es am Markt ist, desto größer wird der Kostendruck. Neue Produkte verfügen entsprechend im Hinblick auf Kostensenkungen über das größte Potenzial.
Gibt es im Zusammenhang Trends im Bereich Produktkostenreduktion?
Kostenreduzierungen gewinnen weiter an Bedeutung. Produktlebenszyklen werden kürzer, der globale Konkurrenzkampf schärfer. Es wird immer schneller kopiert.
Was sollten Unternehmen aus Sicht eines Entwicklers unbedingt beherzigen, wenn sie sparen möchten?
Unbedingt sollte man im Vorfeld alle Unsicherheiten sichtbar machen. Und dann den Fokus auf besonders große Unsicherheiten legen. Es gibt kaum Schlimmeres, als hinterher festzustellen, dass in einer frühen Phase eines Entwicklungsprozesses Entscheidungen getroffen wurden, die nicht unterbaut waren. Gründlichkeit ist von entscheidender Bedeutung. Spätere Korrekturen sind häufig kostspielig. Entsprechend macht es wenig Sinn, am Anfang eines Projektes zu sparen. Das ist definitiv der falsche Zeitpunkt.